Entpackt

Mei, was haben die über die Zeit an diesem Haus alles notdürftig repariert, gepfuscht und versteckt… Die gute Nachricht vorab: Kein Schimmel oder Schwammbefall. Aber es sieht momentan etwas schlimmer aus, als erwartet. Seit etwa drei Wochen sind wir damit beschäftigt, die Wand- und Deckenverkleidungen und den Putz zu entfernen. Sechs Anhängerladungen mit Bauschutt à ca. 1,5 m³ haben wir bereits zur Entsorgung gebracht, was in der Summe mehrere Tonnen liebevoll von Hand geschöppte Putzreste aller Altersklassen, Rigipsplatten mit Styroporverklebung, Sand und Staub bedeuteten. Überhaupt: Staub! Noch nie habe ich soviel Staub gesehen. Wie Nebel hängt er in der Luft und legt sich wie Schnee auf alles. Wir arbeiten nur mit Staubmaske, was total unangenehm ist. Nicht nur wegen des Kondenswassers. Als unerfahrener Staubmaskenbenutzer muss man manche Dinge auch erst lernen, zum Beispiel, dass kohlensäurehaltige Getränke in Kombination mit Gyros und Tzaziki die falsche Wahl ist, wenn man danach noch stundenlang mit dem Gummirüssel körperlich schwere Arbeit verrichten muss.

Nun haben wir den Kern nahezu freigelegt. Was war die Bude verpackt! Niemals hätte ich solche Mengen an Styropor erwartet. Auf der Ziegelwand Styropor, Mineralwolle, Folie, Rigipsplatte – soweit der Wandaufbau im Erdgeschoss. Ein Griff in die Mineralwolle und der Arbeitshandschuh war nass. Oben bekamen wir es mit annähernd vollflächig verklebten Styropor-Rigipsplatten zu tun. Es hat mehr als einen Tag gedauert, das von den Wänden zu kriegen. Darunter mal Putz mit einer Stärke von bis zu 5 cm und mal eine Mauer aus nie gesehenen Gips-Bausteinen mit eingelassenem Stroh. Die Ziegelwand dahinter war fast überall feucht. „Atme, kleines Häuschen, atme“, dachten wir. Und siehe da. Mit Staunen konnten wir die Ziegelwand trocknen sehen. Die vertikalen Zementstreifen auf der Wand waren fast schwarz, als Dietmar die Wandverkleidungen eingerissen hat. Wir dachten erst, das wäre irgendwas mit Teer. Am nächsten Tag waren sie mittelgrau. Auch die Ziegelwand und die Lehmputzstellen verfärbten sich zusehends ein paar Nuancen heller. Soweit so gut, das kriegen wir mit ökologischen Baustoffen, Lehmputz und Wandheizung alles hin.

Um die Balken steht’s nicht gut. Noch hat da kein Fachmann drauf geguckt, aber mal so rein optisch eine Zustandsbeschreibung: An einer Stelle ist die Fußpfette bereits zu Torf verfallen, an anderer Stelle ist ein Mauseloch im Balken und fast überall war schon mal der Wurm drin. An machen Stellen hängt der Deckenbalken soweit durch, dass man einen Balken gleicher Stärke aufgesetzt hat, woanders scheint er aus dem Auflager gerutscht zu sein oder wurde notdürftig geflickt. Das wird noch richtig spannend. Wir werden bis Ende Oktober die „Befreiung“ abgeschlossen haben und ich kann es kaum erwarten, zu erfahren, was Architekt, Zimmermann und Statiker zu all dem sagen werden.