Es gibt immer was zu tun – das erste Jahr

Lange habe ich hier nichts mehr geschrieben. Ich war mit leben beschäftigt. 😊 Und das ist hier wirklich schön. Inzwischen wohnen wir schon ein Jahr hier. Nicht nur, dass wir uns hier sauwohl, frei, beschützt wie in einer Burg und einfach angekommen und zuhause fühlen. Wir haben inzwischen alle Jahreszeiten durch und es ist muckelig im Winter, angenehm im Frühling, kühl im Sommer und gemütlich im Herbst. Hinzu kommt noch ein anderer Faktor bei der Lebensqualität: Nachdem wir – ich fast 10 Jahre lang, Dietmar sieben und Conny ein Jahr – mehr oder weniger fernab der Zivilisation gewohnt haben, genießen wir alle inzwischen das Kleinstadtleben sehr. Fast alles kann man zu Fuß erledigen. Zweimal in der Woche ist Markt, wo ich schönes, frisches Gemüse bekomme, der Metzger ist um die Ecke und auch für verschiedene Supermärkte brauche ich maximal das Rad. Bäcker, Apotheke, Optiker, Post, mehrere gute Restaurants, eine Cocktailbar, meine Frisörin, Rossmann, KODI und vieles mehr liegen im Umkreis von nur einem Kilometer. Trotzdem ist es hier nachts total ruhig. Wenn ich in meinem Büro sitze, schaue ich auf die Rheinstraße. 156 Busse fahren hier an Werktagen durch. Das habe ich nicht gezählt, das stand in der Zeitung. Trotzdem kann ich hier entspannt arbeiten. Es fahren kaum LKW, das macht viel aus. Witzig sind die Döner-Karawanen zur Mittagszeit. Drei Dönerbuden gibt es hier und wenn mittags die Schule aus ist, glüht bei denen richtig der Grill und die Fritteuse. Dann ziehen die Blagen futternd vor meinem Bürofenster vorbei und ich frage mich immer, ob die das zusätzlich verdrücken oder ob die von Zuhause nicht mehr richtig versorgt werden. Auch die Backtheken von ALDI und Netto sind sehr gefragt, sodass ich inzwischen gelernt habe, meine Einkäufe an den Unterrichtszeiten des nahen gelegenen Schulzentrums auszurichten. Nach und nach lernt man auch, wer im Viertel wohnt und trifft immer die gleichen Menschen. Von manchen kennt man die Namen, von manchen nur die Gesichter und von manchen kennt man die Namen der Hunde. Man trifft also das Frauchen von Gerry, die Metzgersfrau mit dem Nachbarshund, die ältere Dame mit dem dicken, alten Dackel, das Herrchen von Cindy, die Frau mit den zwei Pudeln, die Tierärztin mit der randalierenden Bulldogge oder die Modedesignerin von gegenüber mit dem aufgedrehten Terrierwelpen.

Aber trotzdem hat sich hier so ganz nebenbei noch einiges getan, wenn wir auch unser Tempo deutlich gedrosselt haben. Aber im „Heimwerkermodus“ ist es auch gar nicht so schlimm. Alles ganz entspannt. Und leider mussten wir uns auch schon über unsere eigenen Fehler ärgern.

Die Küche

In den ersten Wochen nach dem Umzug konnten wir uns kaum aufraffen, hier weiterzumachen. Der Endspurt saß uns echt in den Knochen. Trotzdem war an Füße hochlegen nicht so recht zu denken. Im Januar haben wir den Keller fertig gemacht. An Karneval haben wir den ersten Quadratmeter Fliesen in der Küche gelegt. Bis die ganze Küche gefliest war vergingen fünf Wochen. Normalerweise vertraue ich ja voll und ganz auf Dietmars Baumeisterqualitäten, aber einmal hatte ich recht, daher möchte ich euch die folgende Pärchendiskussion nicht vorenthalten:

Ich: „Der Boden hat Wellen.“
Dietmar: „Aaaach, das gleichen wir mit Fliesenkleber und Wasserwaage aus.“
Ich: „Das geht nicht gut. Dann hat er am Ende leichtere Wellen.“
Dietmar: „Aaaach was!“

Ratet mal, wer jetzt immer über leichte Wellen läuft und eine innovative Zwei-Zonen-Bratpfanne zu beherrschen lernt, weil das Fett sich rechts in der Pfanne sammelt… Naja, bisschen Schwund is‘ immer. Insgesamt ist es echt schön geworden. Zu meiner geliebten IKEA-Küche aus der nicht mehr erhältlichen Värde-Serie habe ich noch zwei passende Hängeschränke in den eBay-Kleinanzeigen gefunden. Für die Essecke haben wir Kunstleder-Bänke im Internet bestellt (trotz aller Bemühungen haben wir im lokalen Möbelhandel nicht das Richtige gefunden) und den passenden Esstisch habe ich für 30 Euro gebraucht bei Facebook entdeckt. Für das Sideboard unter dem Fenster konnten wir keine handelsüblichen Unterschränke nehmen, weil das Standardmaß von um die 80 cm nicht unter die Fensterbank passte. Die Lösung waren weiße IKEA-Oberschränke mit Edelstahl-Füßen aus dem Baumarkt, die sich ganz gut in den bestehenden Stil integrieren ließen. Jetzt haben wir eine sehr schöne, helle, große und trotzdem gemütliche Wohnküche mit Tür zum Hof. Es ist so geil, endlich genug Platz zu haben, wo ich doch so gerne koche und backe! Die Küche ist ein Lebensraum geworden. Das, was ich vorher so als Küchen hatte, ist im Vergleich dazu eher als „Werkbank“ zu bezeichnen. Während ich diesen Beitrag schreibe, sitze ich auf der gepolsterten Bank und höre leisen den Regen auf die Dachfenster prasseln. Um das gemütliche Szenario zu vollenden, habe ich mir einen Glühwein gemacht und Schokolade bereitgelegt. Im Wohnzimmer läuft ein „Tatort“, was ich durch die geschlossene Küchentür aber kaum höre, der Hund schläft auf dem Sofa und alle sind glücklich. Glück und Zufriedenheit. Was für ein Luxus…

Kleinkram

Dann war da ja noch endlos viel Kleinkram, jedes Wochenende ein bisschen. Lampen montieren, kleine Einbauregale basteln, Fußboden im Dachgeschoss legen, Türzargen und Türen einbauen, die Glas-Duschtür montieren, Rolladenkastenverkleidungen anbringen, Fliegengitter anbringen und, und, und… sogar die ersten Fußleisten sind angeschraubt. Es hört noch lange nicht auf, aber die sichtbaren Baustellen werden weniger.

Der alte Fliesenboden im Flur

Erst im Sommer konnten wir uns überwinden, den Windfang mit den alten Fliesen wiederherzustellen. Bislang machte der Empfangsbereich wirklich keinen schönen Eindruck. Wir hatten eine provisorische Garderobe gebastelt und den kahlen Betonboden mit einem Reststück vom Kellerteppich abgedeckt. Das wurde mir mit jedem Kundenbesuch unangenehmer. Also gingen wir es im Juli endlich an. Die alten Zementfliesen hatten sich ja durch ihre Unverwüstlichkeit einen Platz in unseren Herzen gesichert, weshalb wir sie im Herbst 2017 sorgfältig aufgenommen und einen Großteil von ihnen weitgehend vom Mörtel befreit hatten. Anschließend haben wir sie nach Form und Farbe sortiert und in drei Speisfässern im Garten eingelagert. Wir dachten, langes Einweichen löst die letzten Mörtelreste, das war aber nix. Stattdessen hatten wir nach zwei Jahren Bad im Modderwasser einen erhöhten Reinigungsaufwand … und endlich eine Verwendung für die diversen Flaschen „Grabsteinrein“, die beim Erwerb des Häuschens zum Inventar gehörten. Als erstes haben wir das Fliesenmuster im benötigten Maß im Hof zusammengepuzzelt, um zu sehen, ob wir überhaupt genug Fliesen retten konnten. Es kam ziemlich genau aus, viele Fehler durften da nicht passieren. Diesmal haben wir übrigens vorher Ausgleichsmasse benutzt. 😉 Dann haben wir wieder stückchenweise gefliest. Wir mussten sie allerdings abschleifen, was nach verschiedenen erfolglosen Versuchen mit einer Bodenschleifmaschine auf den Knien endete – mit einer Flex in der Hand. Anschließend haben wir sie neu versiegelt und gewachst. Am Ende sah es aus, als wäre er immer schon drin gewesen. Hier und da ein bisschen vermackt, nicht ganz perfekt und dadurch umso authentischer. Uns gefällt’s.

Als Garderobenschrank nutzen wir einen alten Kleiderschrank aus dem Nachlass von Frau V. Den fand ich beim Entrümpeln zu schade zum Wegwerfen, deshalb hatten wir ihn auf dem Dachboden der Werkstatt eingelagert. Er fiel mir erst wieder ein, als ich in den Kleinanzeigen auf der Suche nach einem Garderobenschrank einen ähnlichen inseriert sah. „Der ist ja schön… Moment mal…“ So kam er vom Werkstattdachboden in den Flur. Eigentlich ist er ein bisschen zu groß für den kleinen Raum, aber inzwischen haben wir uns dran gewöhnt.

Upcycling: das Dachgeländer

Gar nicht einfach war die Entscheidung für ein Geländer in der Dachgeschossgalerie. Wir wollten weder Glas, an dem man sich zu Tode putzt, noch diese modernen Edelstahlgeländer, die heute so handelsüblich sind. Im November 2018 hatte ich in den Kleinanzeigen ein gebrauchtes Gartengeländer aus verzinktem Eisen gefunden. Es war noch gar nicht so alt, aber die Schnörkel waren denen im Eisengitter unserer Haustür ähnlich, daher fand ich, es würde gut in unsere Dachgeschossgalerie passen. Diese hatte inzwischen zwar einen wunderschönen Fußboden aus französischer Seekiefer, konnte aber aufgrund der fehlenden Absturzsicherung nicht genutzt werden. Das Geländer ließ sich in drei Elemente aufteilen und passte, mit den benötigten Holzpfosten für soliden Halt, von der Länge her exakt da oben rein. Lange fehlte mir aber über Monate der Nerv, das verschnörkelte Ding weiß zu lackieren. Im Septemberurlaub fand ich schließlich die Muße, mich stundenlang mit einem Pinsel in die Rundungen zu vertiefen. Und ein paar verschlissene Bohrer später war es dann auch endlich angeschraubt. Es wirkt leicht und filigran und stört nicht. Alles richtig gemacht. Und Rohstoffe geschont.

Schimmelalarm im Keller

Im September holte uns ein aufgeschobenes Problem ein: Schimmel im Keller. In meinem frisch bezogenen Heimstudio im Keller müffelte es schon länger und unter dem Fenster hielten sich hartnäckig zwei münzgroße Schimmelflecken. Wir hatten immer angenommen, das Problem bestünde nur am Fenster, weil wir da mit Gipsspachtel gearbeitet haben. Beim Wanddurchbruch für das Lüftungsrohr zeigte sich, dass der Keller nicht, wie angenommen, betoniert war, sondern noch aus den alten, saugfähigen Ziegeln bestand. So fand ich unter dem uns angeratenen Sperrgrund lauter kleine Schimmelpünktchen und unter dem Stück Hartschaumplatte, das als Fensterbank eingesetzt worden war, gar einen ganzen flauschig-schwarzen Teppich – und die Ursache des Gestanks. Da wir die Wand nicht bis in zwei Meter Tiefe freilegen und von außen mit einer Feuchtigkeitssperre versehen können, mussten wir den alten Putz von innen runterschlagen und durch ein diffusionsoffenes Putzsystem aus Sperrschicht und Sanierputz ersetzen. Zum Abschluss musste der schalldämmende Textilputz erneuert werden. Dadurch, dass die einzelnen Schichten teils 14 Tage trocknen mussten, dauerte die Aktion Wochen. Da ich das Heimstudio nicht leerräumen konnte, musste alles mit Folien abgedeckt und eingepackt werden. Aber der feine Baustaub geht überall durch, da machste nix. Ende Oktober war dann auch der Lüftungsanschluss montiert und der Wasseranschluss für den Garten verlegt. Als dann endlich alles fertig war und ich die Abdeckfolien entfernen konnte, stand erstmal ein kompletter vergnüglicher Samstag mit Putzlappen, Staubsauer und Staubpinsel an. Aber hey, es hat funktioniert. Es schimmelt nichts mehr und es müffelt nicht mehr. Wieder was geschafft.

Der Hof

Während ich noch ein paar Monate drüber hinweg gekuckt hätte, störten Dietmar das schäbige, rostige Hoftor und die tristen, gebrochenen Betonfliesen im Hof. Also ging es im Oktober nahtlos mit der Hofsanierung weiter. Der Plan: Die Fläche vor der Küche, die Fläche unter dem Carport und einen Weg in den Garten mit rotem Pflasterklinker zu pflastern und die verbleibende Fläche mit Rasen zu versehen. Auf Befahrbarkeit mit dem Auto verzichten wir, weil man hier sowieso nicht richtig reinfahren kann. Die Fläche soll entsiegelt werden, um möglichst viel Wasser aufzunehmen. Wir versprechen uns davon einen Kühlungseffekt im Sommer, unterstützen die Wasserversorgung der Bäume und einen „Überflutungsschutz“ bei kurzzeitigen Starkregengüssen. Bislang war die Hoffläche komplett betoniert und mit Gefälle zum Haus versehen. Der kleine Abfluss hat es nicht schnell genug geschafft, das ganze Wasser abzuleiten. Bei heftigen Regengüssen stand das Wasser dann immer kurz vor der Küchentürschwelle. Das konnte angesichts der Wetterprognosen der Zukunft kaum so bleiben. Um das Gefälle zu ändern und einen brauchbaren Pflasteruntergrund zu schaffen, war einiges an Erdarbeiten notwendig. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse natürlich mit der Schaufel. Von Hand. Bei der Gelegenheit haben wir auch die Abwasserrohre vom Anbau erneuert und die Ursache für die rätselhafte Verstopfung gefunden. Ein zu steil montiertes Abwasserrohr mit 90 °-Winkel und ein durstiger Baum. Da war für Feststoffe kein Durchkommen mehr. Der prächtige Zustand der Hainbuche auf dem Grundstück der Nachbarn könnte sich auch damit erklären, dass sie nicht nur ein Loch im Abwasserrohr, sondern auch die Reste von Jauchegrube und Schweinestall gefunden hat. Neben und unter dem Anbau gibt es abgesackte Bereiche, die enorm gut durchwurzelt sind. Ich glaube, der Baum hat hier irgendwas Gutes gefunden. Es sei ihm gegönnt… Etwa die Hälfte des Hofs haben wir schon vorbereitet und verdichtet. Jetzt machen wir eine Weihnachtspause und schauen dann weiter. Im Frühling wird es bestimmt fertig.

Der Segen von Oben

Am 10. Dezember, dem Jahrestag unseres Umzugs, bekamen wir angekündigten Besuch von Frau K. von der Oberen Denkmalbehörde. Die Endabnahme, die es eigentlich gar nicht geben sollte. Aber die Geschichte erzähle ich ein anderes Mal…