Sommer auf der Denkmalbaustelle: Grillen, chillen, vorarbeiten

Den Garten haben wir den Sommer über reichlich genutzt. Wir hatten oft Besuch zum Grillen und die ersten Kinder haben auf dem Rasen Fußball gespielt und sich durch die Tomaten gefuttert. Alle fühlen sich in dem idyllischen Gärtchen wohl. „Schön ruhig hier.“ Eine Möhre ist noch was geworden und auch ein paar gelbe Himbeeren konnten wir ernten. Ansonsten fiel die Ernte aus.

Aber wir haben natürlich nicht nur gefeiert, sondern waren auch ziemlich fleißig, wenn auch nur wenig Sichtbares dabei herumgekommen ist. Da war zum Beispiel noch die mysteriöse Doppelwand. Diese soll zur Isolation mit Glasschaumschotter verfüllt werden. Zu unserer Freude war der Zwischenraum mit etwa einem halben Meter Schutt zugeschüttet, vornehmlich zerbrochene Dachziegel, die sich so schön ätzend schaufeln lassen. Gerade mal 40 cm breit, war das nichts für mich und meine klaustrophobischen Tendenzen. Dietmar hat sich reingequetscht und das Zeug nach vorn befördert, ich habe der Abraum in den Anhänger verfrachtet. Mehr als zwei Anhängerladungen haben wir da rausgeholt. (Ich messe inzwischen alles in Anhängerladungen.)

Nicht weniger spaßig war die Entrümpelung des Anbaudachbodens. Hatten wir uns ein Weilchen vor gedrückt und nun mit neuer Energie angepackt, weil bald Lagerfläche für Baustoffe her muss. Neben drei rostigen Fahrradgestellen fanden wir hier die Spuren sämtlicher Renovierungsepochen. Materialreste, rausgesägte Balken und Bretter, kaputte Fenster und Türen, Styropor, Styropor, Styropor, glücklicherweise noch welche von den Dachziegeln und allerlei Sperrmüll. In der Summe ein ganzer Anhänger Altmetall, für den wir noch ein paar Euronen bekommen haben, und drei Anhängerladungen Sperrmüll und Altholz. „Leute, hört auf zu sammeln!“  möchte ich schreien.

Der Historiker im Freudenhaus

Anfang August bekamen wir Besuch von Herrn Kehrmann, dem stadtbekannten Heimatforscher. Er hatte großes Interesse an unserem Keller und war genauso enttäuscht wie die Denkmalbehörde, statt Gewölbe Beton vorzufinden. Möglicherweise finden wir bei Ausgrabungen noch Reste eines Kellers, denn der Betonklotz entspricht nicht dem damals üblichen Kellerformat von 3 x 10 Metern. Im Garten könnten in um die 50 cm Tiefe eventuell noch Kanonenkugeln aus Stein liegen, weil das Stadtviertel (das älteste Stadtviertel Rheinbergs) in irgendeinem Krieg schwer in der Schusslinie lag. Er vermutet, dass das Haus noch aus dem 15. Jahrhundert sein könnte. Aufgrund von ständigen Kriegen und Beschuss wurde seinerzeit angeordnet, nicht höher als eingeschossig zu bauen, außerdem zeigte man vor 1600 den Giebel. Ach ja, und hinter vorgehaltener Hand munkelt man, dass das Haus mal ein Bordell war. Nebenan war eine berüchtigte Kneipe und nach dem Bierchen ging’s rüber zum Schnackseln. Das finden wir gut. Hier hatte man Spaß. Vielleicht hat das Haus deshalb so positive Vibrations. Einen Namen, wie viele andere Häuser, hat es laut Herrn Kehrmann leider nicht. Er gab uns den Tipp, im Landesarchiv in Duisburg mal eine Anfrage zu stellen. Hier lässt sich eventuell noch was finden, eventuell auch Kopien der im 2. Weltkrieg vernichteten Bauakten. Wir behalten das im Hinterkopf.

Vorbereitungen für den Zimmermann

In Absprache mit dem Statiker mussten allerlei statische Bausünden korrigiert werden. Hier und da tauchten dann doch immer wieder Überraschungen auf. Immer wenn ich Dietmar motzen hörte „Ach du scheiße!!“ wusste ich, er hat wieder einen Klopper gefunden und immer öfter dachte man: „Wieso steht die Bude noch?“ So ziemlich jedes tragende Element war unterm Strich unterbrochen, angesägt, angeknackst, angefressen oder sonstwie misshandelt. Das Ergebnis jahrhundertelanger Umbauarbeiten. Dietmar hat also nach und nach Wände ausgebessert, Wärmebrücken entkoppelt Löcher zugemauert und, und, und.

Dann ging es aber auch schon an die Vorbereitungen für den Zimmermann. Da waren z.B. die Säulen im Wohn-Esszimmer, die mit Beton stabilisiert werden mussten, weil dort tragende Balken aufliegen. Der alte Stahlträger im Wohnzimmer, der eigentlich die Zugkräfte der Außenwände mit aufnehmen sollte, war gar nicht richtig mit dem Mauerwerk verbunden und lag zudem schief und nur auf einer wackligen Säule auf. Dort soll ein durchgehender fetter Holzbalken eingezogen werden, der von Wand zu Wand reicht. Der zweite Stahlträger im Esszimmer trug komplett bröseliges Mauerwerk, dem nicht mehr zu trauen war. Deshalb haben wir den Träger und die Wand mit Beton vergossen.

Außerdem standen diverse Gespräche und Angebotsanfragen auf dem Terminkalender: Öko-Baumarkt, Baustoffhändler, Fensterbauer, Sanitärfachbetriebe, Heizung, Elektro u.s.w. Von der Wandheizung über die Holzdiele bis zum Lichtschalter ging es da jetzt wirklich ins Detail. Zuviel Auswahl kann auch quälen. Für Badausstattung fehlt mir gerade zum Beispiel völlig der Nerv. Aber ganz soweit sind wir ja auch noch nicht.

Mein Pessimismus hinsichtlich der Finanzierung war glücklicherweise vergebens. Unsere zweite Anfrage führt uns zur Sparkasse am Niederrhein und unser Berater hat sich direkt im Anschluss ersten Termin das Haus selbst angesehen und uns am nächsten Tag informiert, dass die Sparkasse das Projekt begleiten würde. Zack. Erleichterung.